Früher gab es Brieffreundschaften mit Freunden aus Brasilien oder Japan. Ich habe ihnen geschrieben und fieberhaft auf die nächste Post gewartet – das begann ja schon in der Schule. Leider habe ich keinen von meinen Brieffreunden je kennengelernt. Nein, das stimmt nicht ganz. Eine Brieffreundschaft aus St. Gallen habe ich persönlich kennengelernt. Aber das war’s dann auch.

Heute gibt‘s die sozialen Netzwerke. Menschen aus aller Herren Länder lernen sich so kennen. Man kann das zwar nicht ganz vergleichen, aber doch in etwa. Manche meiner Brieffreundschaften hielten sich über Jahre und sind dann irgendwann versiegt. Einige Freundschaften aus Facebook haben sich inzwischen als sehr stabil erwiesen, wenngleich es auch manchmal Meinungsverschiedenheiten gab oder vielleicht auch in Zukunft geben wird. Aber genau das sind die Werte, die man von Freundschaften eigentlich erwarten darf und sollte. Und sie sind oftmals auch das Salz in der Suppe, damit man entweder selbst zu anderen Einsichten gelangt oder andere mit den eigenen Gedanken zum Nachdenken anregt.

Und über Facebook habe ich auch alte Freunde wiedergefunden, aus meinen Kindertagen …. eine liebe Kollegin, die auch mit Atem und Stimme umzugehen weiß.
Ich hätte das eigentlich nie gedacht anfangs, als ich mit Twitter oder Facebook angefangen habe. Der Gedanke, mit wildfremden Menschen private Dinge auszutauschen, erschien mir aberwitzig. Gut, natürlich werden gewisse Grenzen eingehalten und man gibt nur einen Prozentsatz seiner selbst preis. Dennoch lernt man viel von und über andere Denk- und Handelsweisen.

Es entwickelt sich auch so eine gewisse Gemeinschaft und ich habe festgestellt, dass es mich tatsächlich interessiert, was der/die eine oder andere macht. Was denken sie, woran hängen sie, was mögen sie gar nicht. Ich habe viel über Politik gelernt, das hatte mich früher nie interessiert. Ein Thema, das ich von mir geschoben habe. Aber vielleicht kommt es eben auch auf die Menschen an, die bestimmtes Wissen, bestimmte Meinungen vermitteln. Ganz sicher ist jedoch, dass ich viele meiner neuen Interessensgebiete über Facebook & Co erhalten habe.
Anfangs habe ich Freundschaften gesammelt, heute sortiere ich aus. Auch hier bekommt man ein feines Gespür, wer gut ist für einen oder von wem man sich besser trennen sollte. Ist halt doch gewissermaßen reales Leben. Insofern habe ich meine Einsicht etwas geändert aus der Zeit als ich diesen Artikel geschrieben habe.

Spiele sind seit längerer Zeit außerdem tabu für mich. Die Zeit besitze ich gar nicht mehr oder anders ausgedrückt, ich nehme mir die Zeit für Dinge, die mir wichtiger erscheinen. Die mich vorwärts bringen.

Weiter ist interessant, was am häufigsten gelikt wird. Bilder, Sprüche oder nette Geschichten erfahren am meisten Zuspruch. Ist es aber etwas, wofür man vielleicht eine eigene Meinung kundtun muss, wird die Sache schon schwieriger. Ich gebe zu, auch ich hatte da so manche Hemmschwelle und ab und zu habe ich sie immer noch. Das sind dann aber Themen, in denen ich nicht so zuhause bin. Ich habe eine Meinung dazu, kann sie aber vielleicht nicht stichhaltig genug begründen.

Und bedeutend ist für mich, dass ich inzwischen einige meiner Freunde, wenn auch bislang wenige, persönlich kennengelernt habe. Aber auch schriftlich ergibt sich so mancher Kontakt als so intensiv, dass ich meine, die Person schon ewig zu kennen.

Doch, ja – inzwischen sehe ich die sozialen Netzwerke als großen Gewinn an. Und das nicht nur für mich. Diese Netzwerke können eine wunderbar positive Macht ausüben. Was früher durch Rauch- oder Trommelzeichen verkündet wurde, geht heute in Sekundenschnelle weltweit über den Äther. Aktionen wie die, die kürzlich gegen Monsanto in aller Welt am gleichen Tag vollführt wurden, wären einfach vor Jahrzehnten nicht möglich gewesen.

Schön, dass es sie gibt, Twitter, Facebook, Google+  & Co. Sie ersetzen meiner Meinung nach nicht unbedingt eine Brieffreundschaft, aber sie sind nicht weniger wert. Sie sind etwas anders. Sie sind ein Netzwerk.  Ich habe tatsächlich neue Freunde durch sie gewonnen und auch Geschäftspartner … und das ist gut so …